Heimatbühne Pettneu


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SPIELORT

SEELENZOLL 2009


SPIELORT


Aus dem kleinen Dorf Schnann mit 250 Einwohnern wurde 1945 für kurze Zeit die „goldene Stadt“. Ein Schaffner der Österreichischen Bundesbahnen war der Namensgeber. Eines Morgens stand er auf einem Trittbrett des in die Haltestelle einfahrenden Zuges und rief nicht „Schnann!“ – wie zu jener Zeit üblich -, sondern „Schnann, die goldene Stadt!“. Das gefiel den Kindern, die in die Hauptschule nach Landeck fuhren. Endlich war ihr Dorf „auch etwas“.

Schnann die „Goldene Stadt“


Diese Berühmtheit stand allerdings vor einem schrecklichen Hintergrund: Ende des Zweiten Weltkriegs hatte der „Goldzug“ der Pfeilkreuzler, wie man die ungarischen Nazis nach ihrem Parteiabzeichen nannte, mit einem Ausläufer das Stanzertal erreicht. An mehreren Orten wurden Kisten mit Gold, Schmuck und Edelsteinen vergraben. Schnanner fanden acht der vergrabenen Kisten. Sie fielen bald durch allerlei Anzeichen plötzlichen Reichtums auf und wurden schließlich von der französischen Militärbehörde verhaftet. In der Tiroler Tageszeitung vom 8. Juli 1946 konnte man unter dem Titel „Ein Goldschatz in acht Kisten gefunden“ unter anderem lesen: „In den bisher aufgefundenen Kisten befanden sich Tausende von goldenen Eheringen mit israelitischen Namenszügen, die, wie man mit Entsetzen feststellte, zum Teil braune Flecken aufwiesen, was den Schluss zulässt, dass die Ringe mit dem Fingerglied abgetrennt wurden.“ - Obwohl eindeutig feststand, dass in den Kisten Naziraubgut aus dem Besitz ungarischer Juden war, sprach man bis 1997, als Norbert Prettenthaler darüber den Film „Die goldene Stadt“ drehte, vom „Ungarischen Kronschatz“. Makaber endete der Prozess am 26. September 1946: Das Gericht gelangte zur Auffassung, der Inhalt der Kisten sei „herrenloses Gut“, weil die Besitzer „vermutlich alle tot“ seien. Und herrenloses Gut könne man nicht stehlen. Alle Angeklagten wurden gegen Kaution freigelassen. Das „herrenlose Gut“ aber fand schnell andere Herren. In der Nähe der Fundstelle des „Goldschatzes“ steht die kleine Kapelle „Seelenzoll“. Man sagte, da dürfe man nicht vorbeigehen, ohne den Armen Seelen Wegzoll in Form eines Gebetes zu entrichten. Wenn man dies unterlasse, kämen sie in der Nacht und beklagten sich.

Die Seelenzollkapelle bei Schnann


Auch in Schnanner Sagen blitzt Gold auf: In „Althaus“ östlich des Dorfes werde man eines Tages den goldenen Kirchturmknopf der ehemaligen Kirche finden. Und noch weiter östlich in den Riefen zwischen Schnann und Flirsch liege der „Goldene Riese“ im Berg, mit den Füßen bis zur Rosanna hinunter reichend. Und der „Schnanner Drajer“ war ein berühmter Zauberer, der zwar kein Gold machte, für den es jedoch kein Problem war, die zu kurzen Enzen (dicke lärchene Tragstämme) für eine neue Brücke auf die passende Länge zu strecken. Die Ortsteile an den Seiten des Schuttkegels, den der aus der Schnanner Klamm hervorstürzende Bach ausgespien hat, sind die „Löcher“: „`s Innerloch“ im Westen und „’s Usserloch“ im Osten. Das alte Wegmacherhaus, bei dem das Freilichtspiel „Seelenzoll“ aufgeführt wird, steht im „Usserloch“. Es hat im Laufe der Jahrhunderte viele sonnenlose Winter überstanden (mit bis zu minus 35 Grad C in den 1940/50er-Jahren).

Das Wegmacherhaus in Schnann


Das Spiel selbst will keine Bewertung der „Schnanner Goldgeschichte“ mit den damals handelnden Personen vornehmen. Es ist eine freie literarische Bearbeitung eines historischen Ereignisses, in das der kleine Ort im Stanzertal hineingezogen wurde. Das Freilichtspiel ist im Grunde genommen nichts anderes als das, was Schnanner Kinder schon vor 60 Jahren als Stegreiftheater in einem Stadel aufgeführt haben. Etliche dieser Kinder leben noch. Sie werden mit Interesse beobachten, was der Autor Stefan Hellbert aus „ihrem Stoff“ gemacht hat.

Oswald Perktold


© 2009 Heimatbühne Pettneu - last update: 06-08-2009

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